Aus der Geschichte der Stadt
In der 2. Hälfte des 8 Jahrhunderts wurde Rudolstadt erstmals schriftlich
erwähnt, doch es gibt frühere Zeugnisse 1934-36 wurden In Rudolstadt-Volkstedt
in der Nähe des Saaleknies Funde entdeckt, die auf eine hermundurische
Besiedlung des Saaletals vor etwa 2000 Jahren hindeuten Für das
3.-7. Jahrhundert u.Z fehlen sichere Hinweise für Wohnsitze Zahlreiche
Funde aus Flachgräbern stammen aus karolingisch-ottonischer Zeit.
1907 wurden in der Rudolstadler Brückengasse 25 Gräber aus der 2
Hälfte des 8. Jahrhunderts-mit Beigaben aus jener Zeit gefunden.
Man nimmt an, daß hier Slawen bestattet wurden Die Erwähnung Rudolsladts
als Siedlungsstätte (stat - Stätte, eine von Rudolf gegründete Stätte)
geht aus Verzeichnissen der Kloster Fulda und Hersfeld hervor. Ein
Guterverzeichnis von Hersfeld berichtet, daß Kar! der Große um 775/776
dem Kloster 7 Hulen Land in Rudolfeslat und Remidi (Remda) "in Thunngia"
geschenkt habe, die von Slawen bewirtschaftet wurden und die in
Rudolstadt offenbar an oder auf dem ältesten Siedlungsplalz lagen,
nämlich dem der später so genannten Altstadt oder in dem Dörfchen
Rednitz Rudolstadt hatte als fränkischer Stützpunkt den Saaleübergang
sowie die nach Norden und Nordwesten führenden Straßen zu sichern.
Zur Altstadt gehörte auch die dem heiligen Andreas geweihte Kirche,
die auf einer kleinen Anhöhe nahe dem Schloßberg erbaut wurde, vermutlich
als fränkische Burgkirche, spätestens aber Im 12. Jahrhundert. 1217
und 1227 wird Rudolstadt als Pfarrort bestätigt, und die dem heiligen
Andreas geweihte Kirche wird dann später Hauptkirche der neuen Stadt
(Foto S. 10). Die Reinhardsbrunner Chronik erwähnt 1222 ein .casirum",
vermutlich in der fränkischen Anlage der Altstadt gelegen Bodenfunde
deuten darauf hin, daß diese Burg möglicherweise auf dem Felsen
hinter der Kirche errichte! wurde. Ende 1264 werden 2 Burgen genannt
als Besitz der Grafen von Orlamünde, später als oberes und "niederes
hus" bezeichnet. Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunders entstand
westlich der Kirche unterhalb des Schloßbergs eine neue Stadt, deren
Kern die Marktsiedlung war. Sie wurde von einer Mauer umschlossen,
die sich - durch die Stadttore unterbrochen - zu beiden Seiten der
oberen Burg den Berg hinunterzog, östlich bis zur Kleinen Badergasse,
westlich bis zum Ende der Stiftsgasse. Man muß sich eine winzige
Stadt vorstellen mit nur einer Straße (die heutige Kirch und Stiftsgasse),
die das westlich gelegene Alle Tor mit dem östlichen Kirchtor verband.
Von ihr gingen einige Gäßchen ab, in sudlicher Richtung zur Stadtmauer,
die durch die heutige Mangelgasse bis in die Mitte der Kleinen Badergasse
verlief, in nördlicher Richtung als "Schloßaufgänge" den Berg hinauf.
Der heutige Schloßaufgang VI mit dem Holperpflaster war der Fahrweg
zum Schloß Auf einem kleinen Platz zwischen den späteren Aufgängen
III und IV lag in jener frühen Zeit der Marktplatz mit dem Rathaus
Später wurde ein Stück weiter östlich ein neues Rathaus erbaut (1524),
das heute als Altes Rathaus bezeichnet wird. An der Stelle des heutigen
Rathauses auf dem Markt stand bis 1623 die Elisabethkapelle. 1326
wurde Rudolstadt erstmals als Stadt genannt Seit Anfang des 13.
Jahrhunderts gehörte der Ort den Grafen von Orlamünde: seit 1340
waren Stadt, Altstadt und beide Burgen dauerhafter Besitz der Grafen
von Schwarzburg, die einige Jahrhunderte lang über Land und Leute
herrschten Im thüringischen Gräfenkrieg (1342-46) - einer Fehde
zwischen den Grafen von Schwarzburg, Orlamünde und dem Landgrafen
von Thüringen sowie der Stadt Erfurt wurden 1345 ein großer Teil
der alten und der neuen Stadt sowie beide Burgen niedergebrannt.
Die Grafen von Schwarzburg errichteten etwa an der Stelle, wo heute
die Heidecksburg steht, eine neue Burganlage und erweiterten die
Stadt. Die Mauer wurde bis zur heutigen Mauerstraße verlängert und
verlief in westlicher Richtung bis zum Güntherbrunnen. Dort wurde
das Neue oder Obere Tor gebaut, am Sudende der heutigen Saalgasse
das Saaltor und in Hohe der Freiligrathstraßo das Unlere Tor - wegen
seines Turms auch der "Storch" genannt. Die Altstadt wurde erst
1829 eingemeindet. Etwa ab Mitte des 14 Jahrhunderts verlagerte
sich der Wagenverkehr von der Straße unterhalb des Burgberges auf
die südlich davon gelegene "Untere Straße", die heutige Marktstraße.
Vier Jahre nach der Zerstörung der Stadt im Januar 1349, wurde Günther
XXI. von Schwarzburg-Arnstadt in der Auseinandersetzung der Wittelsbacher
mit König Karl IV. vom Markgrafen Ludwig von Brandenburg, den Kürfürsten
von Mainz und der Palz und dem herzog von Lauenburg als König gegen
Karl IV. aufgestellt. Karl IV. belagerte seinen erfolglosen Gegenkönig
und kaufte Günther von Schwarzburg den Verzicht auf die Krone ab.
Die Ereignisse des Bauernkrieges berührten auch Rudolstadt. Nach
den revolutionären Erhebungen in Arnstadt kam es in Rudolstadt zum
Aufstand. Die Grafen wurden gezwungen, die Beschwerdeartikel mit
den Forderungen der Gemeinde anzunehmen. Nach der Niederlage Thomas
Münzers in der Schlacht bei Frankenhausen wurden Städten und Gemeindon
Bußgelde auferlegt, und Aufständische wurden hingerichtet auch in
Rudolstadt (21. Juni 1525), In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts
gab es in Rudolstadt nochmals soziale Unruhen und eine Konfrontation
mit dem Adel. 1571 nahm Albert VII. nach den Landesteilungen der
Schwarzburger Grafen seinen Sitz auf der Heidecksburg. Rudolstadt
wurde Residenzstadt und somit Verwaltungsmittelpunkt für die zur
Grafschaft gehörenden Ämter. In der Residenzstadt konzentrierten
sich im Laufe der Jahrhunderte wichtige Einrichtungen für Kultur
und Verwaltung: seit dem 16. Jahrhundert die Forstverwaltung des
Landes seit 1878 das Landgericht seit 1922 das Landesfinanzamt:
Bei der letzten Landesteilung 1599, bei der dynastische Aspekte
überwogen, wurden die Grafschaften Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen
gebildet. Der 30-jährige Krieg fügte der Stadt durch Seuchen, Plünderungen,
Einquartierungen, Kontributionen und dergleichen große Verluste
zu. Schwarzburg-Rudolstadt war Durchgangsland für die kriegsführenden
Heere, unter denen die Stadt jahrelang zu leiden hatte. Das Ansehen
des Hauses Schwarzburg-Rudolstadt wuchs, als Kaiser Leopold I. die
Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt in den Reichsfürstenstand erhob;
diese Rangerhöhung wurde 1697 aber nur von den Graten in Sondershausen
angenommen. 1710 wurde die Fürstenwürde Albert Antons Sohn Ludwig
Friedrich l. verliehen, der auf der Heidecksburg residierte. Als
der Spanische Erbfolgekrieg ausbrach (1701-1714), schickten die
Grafen von Schwarzburg und die von Reuß dem Kaiser ein Regiment
von 1000 Mann, obwohl ihre kleinen Staaten nur wenige Soldaten hätten
aufbieten hätten. Seit der 2 Hälfte des 17. Jh. trug die Herrschart
der Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt absolutistische Züge. Der
Hofstaat vergrößerte sich, die Zahl der Beamten wuchs. Zur Festigung
dieser Herrschaft wurde 1712 das Geheime Ratskollegium gegründet,
das bis 1848/49 oberste Instanz der Landesverwaltung war und die
Oberbehörden anleitete. und die Oberbehörden anleitete.
|
Ihm gehörten vorwiegend Adlige an, u.a. der Familien
Ketelhodt, Beulwitz und Holleben. Unter dem Vorsitz des Fürsten wurde
u.a. über Landespolitik, Verwaltung und andere Fragen beraten. Verantwortlich
für Kanzlei und Regierung waren die Kanzler. Einer der namhaftesten
war Ahasverus Fritsch (1629-1701), der in Jena Jura studiert hatte
und dort auch promovierte. Er ist durch seine Schriften, insbesondere
staatsrechtliche Abhandlungen, bekannt geworden, 1676 gründete er
in Rudolstadt die "Geistliche fruchtbringende Jesusgesellschaft".
Die Entwicklung der Stadt ist eng mit dem Grafen- und Fürstenhaus
verbunden. Einerseits belastete der Hof über lange Zeiten hinweg die
Bevölkerung hart durch Abgaben und Steuern, andererseits hatten einige
der Grafen und Fürsten maßgeblichen Anteil am Entstehen einer reichen
Kultur und Kunst. Im 18. Jahrhundert bereicherten Friedrich Anton
(1692-1744) und sein Sohn Johann Friedrich (1721-1767) die höfische
Kultur durch ihre Weltoffenheit und ihre Aufgeschlossenheit gegenüber
der Kunst und dem Geistesleben. Beide erwarben durch lange Bildungsreisen
in bedeutende deutsche und ausländische Städte Erfahrungen, die ihrem
Land zugute kamen, Friedrich Anton war bestrebt, die kirchlichen Belange
und das Volksschulwesen zu verbessern. Er regte in Rudolstadt das
Fürstliche Landesseminar an, das aber erst sein Sohn 1746 einweihen
konnte, und begann 1734 den Bau des Stadtschlosses (die heutige Ludwigsburg
- Foto S. 11) für den Prinzen Ludwig Günther II. Als 1735 ein großer
Teil des Schlosses Heidecksburg niederbrannte, holte er hervorragende
Baumeister herbei - zuerst Knöffel, dann Krohne. Nach seinem Tode
nahm sein Sohn Johann Friedrich auf die prunkvolle Innenausstattung
Einfluß. Obwohl seine Neigungen den Künsten und Wissenschaften galten,
beschäftigte er sich auch intensiv mit staatsrechtlichen und philosophischen
Fragen. Er förderte das Handwerk und unterstützte, nachdem Macheleid
das Porzellan entdeckt hatte, die in Volkstedt entstehende Manufaktur.
Seine Gattin, Prinzessin Bernhardine Christine Sophie, gründete in
der Stiftsgasse das Bernhardinenstift. Anläßlich der 100. Wiederkehr
der Namensgebung des Ludovicianums verlieh Johann Friedrich der Schule,
die nunmehr nach ihm Friedericianum genannt wurde, den Status eines
"Gymnasiums illustre". Bedeutsamer ist jedoch, daß er dem Gymnasium
eine Lehrerstelle für Mathematik und Weltweisheit gewährte - eine
Weitsicht, die der Leipziger Professor und Dichter Gottsched in einem
Gedicht rühmte. Bereits unter Johann Friedrich und seinem Nachfolger
Ludwig Friedrich II. (1767-1807) bahnte sich, von der Aufklärung beeinflusst,
ein Übergang von der höfischen zur bürgerlichen Kultur an. Diese neuen
Züge wurden in Rudolstadt um die Wende zum 19. Jahrhundert spürbar,
begünstigt von Fürst Ludwig Friedrich II., der sich für die bildenden
Künste und Wissenschaften interessierte und am Hofe sowie in der Verwaltung
Reformen einführte. Das von ihm eingeweihte Theater hatte - neben
den Logen für den Hof ca. 500 Sitzplätze und war für das Bürgertum
offen. Offen für bürgerliche Musikkultur war auch die Hofkapelle,
die bis dahin vorwiegend dem Hof gedient hatte. Die Bälle der Adelsgesellschaft
besuchte nunmehr auch das wohlhabende Bürgertum. Während des Siebenjährigen
Krieges hatte das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt unter verschiedenen
durchziehenden Regimentern zu leiden, die u.a. Lebensmittel, Quartier
und Futter für die Pferde forderten. In den Befreiungskriegen bekamen
Bevölkerung und Hof die napoleonische Herrschaft mehrfach zu spüren.
Als die preußische Vorhut vor der Schlacht bei Jena und Auerstädt
gegen das französische Korps vorrückte, fiel Prinz Louis Ferdinand,
der am Abend zuvor noch in der Heidecksburg geweilt hatte, in der
Nähe von Saalfeld. Hohe Kontributionen, die Napoleon dem Fürstentum
auferlegte, ständige Truppendurchzüge und militärische Forderungen
belasteten den Hof und die Bewohner bis zum äußersten. 2 Kompanien
Infanterie mussten auf allen Kriegsschauplätzen für Napoleons Machtansprüche
kämpfen und bluten. Die Bevölkerung verarmte durch die Kriege zwischen
1806 und 1815. Die Stadt hatte 25000 Taler Schulden abzutragen. Um
die Selbständigkeit des Fürstentums zu retten, trat Schwarzburg-Rudolstadt
1807 dem Rheinbund bei; 1813 erfolgte unter Fürstin Christine der
Austritt. Die revolutionären Ereignisse des Jahres 1848 sprangen Anfang
März auf Rudolstadt über. Eine auf dem Rudolstädter Markt versammelte
Menschenmenge forderte u.a. Pressefreiheit, Volksbewaffnung, Ablösung
der Feudallasten und die Besteuerung des feudalen Grundbesitzes. Als
Fürst Friedrich Günther die Petition zurückwies, wurde die Gewehrkammer
im Gebäude der Regierung erstürmt und der Fürst zur Annahme der Forderungen
gezwungen. Er verzieh seinen Landeskindern die aufrührerische Haltung
nicht und ließ nach Beendigung der Revolution zur Strafe den Bau des
Theaters einstellen. Die Novemberrevolution 1918 brachte das Ende
der Residenz. Der Landtag verlangte u.a. den Rücktritt des Fürsten,
die Aufhebung des Thronfolgegesetzes sowie die Bildung einer Volksregierung.
Der Fürst dankte einige Tage später ab. Rudolstadt verlor somit seine
Stellung als Residenzstadt. Erhalten blieb die reiche Kulturtradition,
die zum Wesen der Stadt gehört. Dem versuchte die Nazidiktaturzüge
der Militarisierung aufzuprägen; wirtschaftliche Maßnahmen dienten
dem Krieg. 1934 begann in der Keilhauer Straße der Bau einer Kaserne,
die vom II. Bataillon des Flakregimentes 23 bezogen wurde. Ein zweiter
Kasernenkomplex entstand in Volkstedt. Nach Kriegsbeginn wurden Fabriken
wie die "Thüringische Zellwolle" oder das "Röhrenwerk" des Siemenskonzerns
"kriegswichtige" Betriebe, und 1941/42 wurde das Torpedoarsenal in
Rudolstadt untergebracht, das bald mehr als 2000 Menschen beschäftigte.
1944 arbeiteten in den Rudolstädter Rüstungsbetrieben in zunehmendem
Maße Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, unter ihnen auch der französische
Kriegsgefangene und langjährige Präsident Francois Mitterrand. Gegen
Kriegsende, 1944, wurde Rudolstadt bombardiert. Ziele waren das Torpedoarsenal,
das Gelände des Krankenhauses, der Ostfriedhof, die Ortsteile Cumbach
und Volkstedt. Gegen letzteres richtete sich ein schweres Bombardement.
Dabei wurden 103 Häuser vernichtet, 62 teilweise zerstört, u.a. die
Kirche und das Pfarrhaus, in dem Schiller 1788 wohnte. Bei Kriegsende
sprengten abziehende Truppen die Saalebrücken. Die jüngste Geschichte
der Stadt wurde durch die politischen Ereignisse im Herbst 1989 beeinflusst,
als die DDR zusammenbrach. Dialogveranstaltungen im Theater bereiteten
die Wende mit vor. Von großer Bedeutung waren am 19. Oktober 1989
das erste Friedensgebet mit etwa 2000 Menschen in der Stadtkirche
St. Andreas, Kerzendemonstrationen und die ersten freien demokratischen
Wahlen. Seit 1990/91 fanden wesentliche strukturelle Umgestaltungen
in vielen Bereichen statt. Rudolstadt war bis 1994 Kreisstadt. Bei
der Zusammenlegung von Kreisen wurde Saalfeld Kreisstadt. Zu Rudolstadt
gehören die Ortsteile Schwarza, Volkstedt, Mörla, Schaala, Cumbach
und Pflanzwirbach. |